Meine liebe Freundin Maria von Maria meets Anna hat zu einer Blogparade zum Thema “Was ich beim Reisen fürs Leben lernte” aufgerufen. Da möchte ich mitmachen, dachte ich sofort – und kam erst einmal so richtig ins Grübeln.
Zeitreise!
Um zu beantworten, was ich beim Reisen fürs Leben lernte, muss ich dich zuerst einmal mit auf drei Zeitreisen nehmen.
Cambridge, Januar 2012
Ich flog von Bremen aus nach Cambridge. Dabei hatte ich geplant mit einem Zeitpuffer von 1,5h am Flughafen anzukommen. Soweit zumindest meine Planung. Übervorsichtig mögen manche sagen. Ich wollte den Flug einfach nicht verpassen.
Mein Zug im Hamburger Hauptbahnhof fuhr ein und ich bezog einen Fensterplatz. Noch am Gleis stehend kam dann die Durchsage, dass ein auf den Schienen liegender Baum einen Halt in Bremen unmöglich machen würde. Mir blieb keine andere Wahl: Ich musste auf einen langsameren Zug ausweichen. Kein Problem, dachte ich, dafür hatte ich ja extra mehr Zeit eingeplant. Eine gefühlte Ewigkeit juckelte die Bimmelbahn dann durch Norddeutschland bevor ich endlich am Bremer Hauptbahnhof ankam. Schnellstmöglich machte ich mich auf zur S-Bahn, die mich zum Flughafen bringen sollte. Mit aufsteigender Nervosität blickte ich auf meine Armbanduhr: noch 1 Stunde bis zum Abflug.
Zwanzig Minuten später kam ich endlich am Bremer Flughafen an, schlängelte mich zur Gepäckaufgabe durch und traf auf die empathieloseste Mitarbeiterin überhaupt: „Sie sind zu spät dran!“, sagte sie mit leicht arrogantem, genervtem Ton. Total benommen und den Tränen nah stand ich da, jegliches Erklären und Bitten half nichts.
„Sie können Ihr Gepäck lediglich als Handgepäck aufgeben!“, sagte sie so emotionslos, dass ich mich fragte, ob diese Unhöflichkeit gegenüber den Fluggästen Teil ihrer Ausbildung war.
„Natürlich gegen Aufpreis“, ergänzte sie.
Ich öffnete mein Portemonnaie. Nur Kleingeld darin. Kartenzahlung war – wie konnte es auch anders sein? – nicht möglich. So sprintete ich zusammen mit meinem Koffer, denn den durfte ich nicht unbeaufsichtigt stehen lassen, einmal quer durch den Flughafen zum einzigen Geldautomaten im ganzen Gebäude. Nach fünf Minuten und einer fies hohen Gebühr stand ich erneut vor der jungen Frau, die auch in der Zwischenzeit keinerlei Empathie entwickelt hatte. Gleichgültig wie ein Roboter nahm sie mir das Geld ab und winkte mich durch.
Nächster Halt: Sicherheitskontrolle. Mein riesiger Koffer, der ja nun als Handgepäck betrachtet wurde, wurde durchleuchtet. Alle Flüssigkeiten mussten raus. Ich wollte protestieren, mich erklären, doch ich konnte nicht. Ich ließ es geschehen. Wusste ich doch, dass Widerspruch zwecklos war. Sie taten ja auch nur ihren Job. Ich betrat das Gate just in dem Moment als die ersten Passagiere zum Boarding aufgerufen wurden. Völlig entkräftet, aber glücklich meinen Flieger trotz aller Probleme doch noch bekommen zu haben, bestieg ich das Flugzeug. Ich war endlich auf dem Weg nach Cambridge.
New York, Juli 2011
Ein halbes Jahr vorher war ich mit meiner Familie in New York. Zu der Zeit nannte ich die Vereinigten Staaten schon seit knapp einem Jahr mein zu Hause. Wir mieteten ein kleines Apartment mit großer Dachterrasse auf der East 42nd Street. Eineinhalb Wochen hatten wir Zeit, die Stadt, die bekanntlich niemals schläft, von oben bis unten zu erkunden. Ich war voll motiviert.
Top vorbereitet mit eigens angefertigten Listen und Tagesplänen wollte ich nichts verpassen. Wer wusste schon, wann und ob wir die Stadt ein zweites Mal sehen würden? Ich hatte mir einen straffen Zeitplan in den Kopf gesetzt, von dem ich nicht abweichen wollte. Hieß das doch, dass ich ansonsten eine der tollen New Yorker Attraktionen nicht sehen könnte: Freiheitsstatue, Rockefeller Center, Ground Zero, Börse, Battery Park, Central Park, 5th Avenue – New York hat einfach wahnsinnig viel zu bieten.
Sehr zum Leidwesen meiner Familie. Mein straffer Zeitplan und vor allem auch das 24/7 Aufeinanderhocken führte schnell zu Konflikten. Meine Familie verstand nicht, warum ich von Sonnenauf- bis -untergang auf Entdeckungstour gehen wollte und ich konnte nicht nachvollziehen, dass sie diese einmalige Chance nicht wahrnehmen wollten. Auch wenn meine Eltern mir im Nachhinein gesagt haben, dass sie ohne mich bestimmt niemals soviel von New York gesehen hätten, würde ich einen Urlaub mit ihnen heute anders angehen.
Puerto Rico, Januar 2011
Puerto Rico hat mich auf ganz andere Weise als New York und Cambridge herausgefordert. Die Insel besitzt eine atemberaubend schöne Landschaft: Regenwald, Wasserfälle und lumineszierende Seen sind nur einige der Highlights. Doch immer, wenn ich mich an meinen allerersten Urlaub als Alleinreisende erinnere, denke ich an die schlimmste Unterkunft, die ich auf meinen Reisen bisher bezogen habe.
Bei meiner Ankunft sah allerdings noch alles gut aus. Vom Flughafen fuhr ich bei strahlendem Sonnenschein in die Hauptstadt San Juan. Vorbei an riesengroßen Palmen, wunderschönen Küstenabschnitten und türkisfarbenem Meer. Ein Wort: paradiesisch! In der Altstadt bezog ich dann ein Zimmer in einem Hostel.
Dort wurde ich auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Mein Zimmer hatte kein Fenster, die Glühbirne schenkte nur schummriges Licht und das allerschlimmste war der Schmutz. Der Boden war überzogen von einer eigenen Schicht von was-weiß-ich-nicht und hat geklebt wie der eines Clubs um 5 Uhr morgens. Mehr als unglücklich habe ich mich dennoch gezwungen eine Nacht in dem Zimmer zu übernachten. Am nächsten Morgen würde die Welt bestimmt viel besser aussehen, hoffte ich.
Sie tat es nicht.
Ich fragte also bei den Inhabern nach, ob ich ein anderes Zimmer bekommen könne. Fünf Minuten und inniges Bitten später schloss mir eine ältere Frau tatsächlich die Tür zu einem anderen Zimmer auf. Auch dieses zeichnete sich nicht durch übermäßigen Luxus aus, aber immerhin hatte es ein Fenster. Ich war zufrieden(er).
Nichtsdestotrotz muss ich nicht extra erwähnen, dass ich meine Zeit eher außerhalb des Hostels verbracht habe, oder?
Was ich beim Reisen fürs Leben lernte? Gelassenheit!
Zu reisen bedeutet Abenteuer. Ich mag das. Nicht zu wissen, was im Laufe des Tages passiert oder auf welche Menschen ich treffe. Doch so toll wie dieses Gefühl auch sein mag, manchmal macht mir die Ungewissheit auch Angst.
Über viele Jahre hinweg hatte ich mächtiges FOMO (“fear of missing out”). Ich konnte den Gedanken nicht ertragen in einer fremden Stadt zu sein und eine der mir wichtigen Sehenswürdigkeiten nicht zu sehen. Wie in New York mit meiner Familie waren meine Reisen stark durchgetaktet. Es gab nicht viel Spielraum für spontane Einfälle.
Doch je mehr ich gereist bin, desto gelassener bin ich geworden. Heute hätte ich kein Problem mehr damit einen halben Tag im Café zu vertrödeln und Leute zu beobachten. Schließlich geht es beim Reisen auch darum die Atmosphäre einer Stadt, einer Landschaft oder eines Landes in sich aufzusaugen.
Gelassenheit ist es auch, auf die ich mich besinne, wenn mir irgendetwas die Pläne durchkreuzt. Ich atme tief ein und frage mich, ob es sich wirklich lohnt sich darüber aufzuregen. Meistens lautet die Antwort “nein”. Man kann sich im Voraus sowieso nicht auf sämtliche Gegebenheiten einstellen, die möglicherweise passieren könnten.
Letztendlich hätte ich meinen Flug nach Cambridge auch dann bekommen, wenn ich mir den Kopf auf dem Weg dorthin nicht so zermartert hätte. Und wäre der Flieger weggewesen, wäre es ärgerlich, aber kein Weltuntergang gewesen. Puerto Rico hat mir außerdem gezeigt, dass ich lieber ein bisschen mehr Geld für die Reiseunterkunft ausgebe. So bin ich schon am Anfang der Reise ein großes Stück gelassener. Schließlich will ich mich am Ende des Tages erholen und in der Umgebung wohlfühlen. Denn Fakt ist: Ich teile mein Badezimmer problemlos mit anderen Reisenden, doch Kakerlaken muss ich dort nicht noch einmal antreffen.
Wie sind eure Erfahrungen beim Reisen? Welche Ereignisse haben euch geprägt? Erzählt mir doch in den Kommentaren davon. Ich würde es gerne hören.
Folgt mir auch gern auf Facebook, Instagram, Twitter und Pinterest. Und für Videos auf YouTube. Dann ist euch bei meinen zukünftigen Abenteuern stets ein Platz in der 1. Reihe sicher.
Das ist eine gute Einstellung! :)
Irgendwo hab ich mal gelesen, man soll sich fragen: “Wird mich das in 5 Jahren noch berühren?”, da kann man auch gern 5 Wochen, 5 Monate oder 1 Jahr draus machen. Und wenn die Antwort “Nein” ist, dann schwamm drüber, aufregen bringt nichts ;) Auch das hab ich auf Reisen gelernt: Die Moment sind viel schöner, wenn man sie ganz genießt :)
Liebe Grüße,
Kathi
Hallo Kathi,
da hast du absolut Recht. Die meisten Dinge sind es schlichtweg nicht wert, dass man sich über sie aufregt. Man sollte sich lieber auf die schönen Dinge des Lebens konzentrieren. ??
Sarah, ich freu mich so, dass du dabei bist und auch noch den ersten Eintrag auf Deutsch geschrieben hast. Cool, cool, cool! <3
Habe ich gerne gemacht, Maria, und ich denke sogar darüber nach, noch mehr in die Richtung zu machen. Gib gerne Bescheid, wenn die nächste Blogparade ansteht. ??